Digitale Souveränität, Arbeiten im Lab, IT-Sicherheit und digitale Komplementärstrukturen, Teilhabe, Open-Access, digitale Skills: Themen und Beiträge unserer 3. kulturBdigital-Konferenz könnt ihr nun nachschauen und im Bericht von unserer Konferenzbeobachterin Franziska Walser nachlesen.
Inhaltlich stand die 3. kulturBdigital Konferenz, die am 2. November stattfand und von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa gefördert wurde, im Zeichen einer Zwischenbilanz nach drei Jahren digitaler Kulturförderung. Gleichzeitig markiert das Jahr 2020 mit dem durch die Corona-Maßnahmen ausgelösten Digitalisierungsschub einen Moment des Aufbruchs in eine neue Phase der Vernetzung. „Wir sind weitergekommen als ich mir hätte vorstellen können“, lobte Kultursenator Klaus Lederer in seinem Impulsvortrag, „wir stehen aber mit der Idee einer Berliner Kulturdatenplattform noch ganz am Anfang.“ Nicolas Zimmer, der Vorstandsvorsitzende der Technologiestiftung Berlin ergänzte im Vorfeld der Konferenz: „Die Herausforderungen für Kulturschaffende sind aktuell besonders dramatisch und beschleunigen den Prozess der Digitalisierung in der Szene. Wir wollen jede:n in die Lage versetzen, hier informiert handeln zu können. Wir wollen aber nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch praktische Anwendung ermöglichen.“
Welche gemeinsamen digitalen Services und Strukturen können den Berliner Kulturbetrieb sinnvoll unterstützen? Was gehört zur digitalen Souveränität der Kulturschaffenden und wie sieht eine resiliente Infrastruktur aus, die zum Beispiel gegen IT-Angriffe geschützt ist? Diese Überlegungen standen im Mittelpunkt der dritten kulturBdigital-Konferenz zur digitalen Entwicklung des Kulturbereichs und wurden in zehn Expertinnen-Vorträgen und einer Diskussionsrunde vertieft. Im Programm waren mit Expert:innen aus Museen, Theatern, Bibliotheken und Archiven zahlreiche Bereiche des Berliner Kulturbetriebs vertreten. Beiträge aus Düsseldorf, Potsdam und Stuttgart erweiterten die Perspektive über die Hauptstadtkultur hinaus.
Vorträge zum Nachschauen und -lesen:
- Nicolas Zimmer (Vorstandsvorsitzender, Technologiestiftung Berlin): Digitale Souveränität für die Berliner Kultur
- Katja Grawinkel-Claassen (FFT Düsseldorf), Dr. Jana Hoffmann (Museum für Naturkunde Berlin) & Clemens Neudecker (Staatsbibliothek zu Berlin): Veränderungsmotor oder Strohfeuer? Das Prinzip ‚Lab‘ als Raum für Austausch und Innovation
- Dr. Klaus Lederer (Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa in Berlin): Schwerpunkt Digitalisierung: Wo stehen wir? Wo wollen wir hin?
- Diskussion: Von Kompetenzclustern & digitalen Hausmeister:innen – Brauchen wir eine berlinweite digitale Serviceinfrastruktur für Kulturschaffende?
- Prof. Dr. Christian Dörr (HPI) & Marc-Oliver Hendriks (Württembergische Staatstheater Stuttgart): Aspekte der IT Sicherheit im Kulturbereich
- Birgit Lengers (Deutsches Theater) & Marcel Karnapke (CyberRäuber); Tina Balla (Bezirksamt Pankow) & Julian Kamphausen (Prater Digital): Von digitalen ‚Zwillingen‘, Komplementärstrukturen & virtuellen Eigenwegen
In den Vorträgen wurden Themen und Trends, die gerade viele Akteur:innen in der Kulturszene umtreiben angesprochen – zum Teil aber auch hinterfragt: Bedeutet eine Verbesserung der IT-Sicherheit automatisch, dass auch kleine Kulturinstitutionen Unsummen in Sicherheitssoftwares investieren müssen? Wann funktioniert ein Lab als innovativer Ort des Lernens und wann ist „Lab“ einfach nur ein Euphemismus für Chaos? Wie gelingt es, neben dem Aufbau eines digitalen Angebots auch noch das analoge Programm im Blick zu behalten? Und wie finanziert sich eigentlich ein digitales Theaterfestival, wenn die Teilnahme für alle Besucher:innen kostenlos ist?
Kultursenator Klaus Lederer fasste den Stand der Dinge in seinem Impulsvortrag so zusammen: „Die Digitalisierung der Berliner Kulturszene ist ein Spagat zwischen drängenden Problemen, für die schnelle Lösungen gefunden werden müssen, und der langfristigen Arbeit an zukunftsweisender digitaler Infrastruktur“. Ein Beispiel für eine solche zukunftsweisende Infrastruktur wäre die auf der Konferenz mehrfach geforderte zentrale Datenplattform für die Berliner Kulturszene. Dieses Projekt, das derzeit als Prototyp von der Technologiestiftung Berlin entwickelt wird, brächte zahlreiche Vorteile: Datenhoheit, weniger Aufwand für Datenpflege und Unabhängigkeit von kommerziellen Lösungen. „Wir wünschen uns Daten-Kollektive statt Monopole“, sagte Nicolas Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Technologiestiftung, in seinem Vortrag über digitale Souveränität.
Neue Wege gehen, Barrieren abbauen, Fehler zulassen – vieles was auf der 3. kulturBdigital-Konferenz gefordert wurde, traf auch auf die Konferenz selbst zu. Wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen und den damit verbundenen Einschränkungen musste die Veranstaltung, die ursprünglich als Hybridformat geplant war, komplett in den digitalen Raum umziehen. Das brachte gerade am Anfang einige technische Komplikationen mit sich, weil die Plattform HopIn nicht mit allen Browsern kompatibel war. Eine digitale Teilnehmer:innen-Umfrage brachte aber auch positive Seiten ans Licht: Von den rund 260 Teilnehmer*innen nahm ein Großteil zum ersten Mal überhaupt an der kulturBdigital-Konferenz teil. „Ein Zeichen dafür, wie digitale Angebote auch zeitliche und örtliche Nutzungsbarrieren abbauen“, sagte Nicolas Zimmer in seiner Keynote.
Auch in Sachen Vernetzung und Feedback gingen die Organisator:innen der Konferenz neue Wege: Parallel zu den laufenden Diskussionen und Vorträgen konnte im Chat kommentiert und diskutiert werden. Während der Programmpausen konnten die Besucher:innen im „Freiraum“ aktuell geförderte Digitalprojekte aus dem Kulturbereich kennenlernen: Die Macher:innen von KuDiBa (Kultur Digital Barrierefrei) stellten Planung für einen barrierefreien Hackathon im November 2020 vor. Bei DigitalStage 5G in der Musikschule ging es darum, wie die Arbeit an dem Tool für latenzfreies gemeinsames Musizieren vorankommt. Und bei Stage / Twitch begegneten sich die Besucher:innen als Avatare, die sich unterhalten und gemeinsam durch ein digitales Labyrinth navigieren können.
Auch wenn die 3. kulturBdigital Konferenz in diesem Jahr „nur“ digital stattfinden konnte, waren die Teilnehmer:innen spürbar dankbar für den Input und den Blick über den Tellerrand in einer Zeit in der Krisenbewältigung das Tagesgeschäft prägt. Julian Kamphausen, der künstlerische Leiter von prater.digital fasste seine Gefühle am Ende der Veranstaltung so zusammen: „Wie schön in der Teilnehmerliste all die Akteure zu sehen, von denen man hofft, dass sie auch über Corona hinaus weitermachen.“
Text: Franziska Walser
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1. Konferenz zur digitalen Entwicklung im Kulturbereich 2018
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