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Digitale Bedarfe in Berlins Kulturbereich

kulturBdigital hat qualifizierten Input zur Konzeption des Förderprogramms der Senatsverwaltung für Kultur und Europa gesammelt. Die Ergebnisse unserer Erfassung digitaler Bedarfe sind hier publiziert.

Dem Start der Förderrichtlinie (2020) wurde durch die Senatsverwaltung eine dialogische Konzeptionsphase vorangeschaltet: „Der Innovationsfonds soll Mittel für die digitale Entwicklung des Kulturbereichs bereitstellen. Im Sinne einer diskursiven Kulturpolitik sieht die Konzeption dazu zunächst einen moderierten Findungsprozess vor, bei dem es vor allem um den Austausch zwischen den Einrichtungen der Landes- und Bezirksebene, der Freien Szene, der Kulturverwaltung sowie weiteren Stakeholdern geht, um den Status quo und die Bedarfe zu klären“. [1]

kulturBdigital hat diesen Prozess ab 2018 durch verschiedene Aktivitäten begleitet. Um einen Mehrwert für die Zielgruppe und alle Stakeholder zu liefern, bedurfte es für die ca. anderthalbjährige Konzeptionsphase einer wohldurchdachten Maßnahmenplanung. Die Maßnahmen mussten zeitlich und inhaltlich aufeinander aufbauen, damit sie nach und nach sinnvolle Inhalte für die Konzeption der Förderrichtlinie bieten konnten.

Aktivitäten 2018

Um zunächst eine breit gefächerte Bedarfsanalyse zu gewährleisten, wurden

  • Interviews geführt,
  • eine Umfrage verschickt,
  • zwei Workshops mit Kulturschaffenden aus Berlin veranstaltet,
  • an mehreren Roundtables und Treffen teilgenommen und
  • mit vielen weiteren interessierten Personen gesprochen.

Darüber hinaus fand – basierend auf an kulturBdigital gemeldeten Bedarfen – ein Design Sprint zum Thema Ticketing/Audience Development und eine Informationsveranstaltung zur Suchmaschinenoptimierung für Kultureinrichtungen statt. Diese beiden Themen haben sich im Rahmen der Bedarfsanalyse als äußerst relevant erwiesen.

Einrichtungen

ca. 500

Interessenten an kulturBdigital & Innovationsfonds

maßgeblich aus:

  • landesgeförderten Einrichtungen
  • bezirklichen/ bezirksgeförderten Einrichtungen
  • Freien Szene

Auf Basis der bisher gewonnenen Erkenntnisse wurden 2019 Pilotprojekte umgesetzt, damit „gemeinsam mit Akteuren des Kulturbereichs (…) nun auch praktisch erprobt werden [kann], auf welchen Feldern der Fonds finanzielle Mittel zur Verfügung stellen soll, wo der größte Mehrwert zu erzielen ist und welche Kooperationen sinnvollerweise zu pflegen sind“. [2]

Ziel war und ist für uns, mit allen Beteiligten auszuprobieren, Hemmschwellen abzubauen, Wissen zu vermitteln und Chancen aufzuzeigen, damit diejenigen, die den digitalen Wandel im Kulturbereich vorantreiben, möglichst schnell möglichst hilfreiche Förderung bekommen können.

Ergebnisse der Interviews 2018 zur Bedarfserfassung

Karte der Institutionen und Akteure, mit denen wir bis 11/2018 zur Erhebung der digitalen Bedarfe in Kontakt standen

In 42 Interviews mit Berliner Kultureinrichtungen und –akteuren konnten erste Erkenntnisse hinsichtlich der Bedarfe und des aktuellen Standes digitaler Entwicklungen gewonnen werden.

Projektleiterin Annette Kleffel und Jessica Frost, ehemals Projektmanagerin von kulturBdigital, haben sich aufgeteilt, um mit möglichst vielen Akteuren des Berliner Kulturbereichs in Kontakt zu treten. Aus zeitlichen und personellen Gründen konnte von der mehreren hundert Personen starken Verteilerliste, die maßgeblich von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa stammt, allerdings nur ein Teil abgearbeitet werden. Bei der Auswahl der Gesprächspartner*innen für die Gespräche ging es darum, ein möglichst breites Spektrum an verschiedenen Kultursparten und aus den verschiedenen Zielgruppen abzudecken.

Als Erhebungsinstrument für die Interviews wurde sich für die Methode des Leitfadeninterviews entschieden. Um die qualitative empirische Erhebung zu einem brauchbaren Ergebnis zu bringen und die Qualität der Forschungsresultate zu sichern, wurden die Ergebnisse zur Auswertung unter Berücksichtigung der Gütekriterien nach Mayring codiert. [3] Je größer der Begriff ist, desto öfter wurde er genannt.

Ermittelte Bedarfe zur Digitalisierung in Berlins Kulturbereich - Auffindbarkeit und Ticketing als wichtige Aspekte

Eine ausführlichere Evaluation der Interviews findet sich hier.

Ergebnisse des Kontaktformulars

Da durch die Interviews mit Kulturschaffenden nur ein erster Eindruck hinsichtlich des Status Quo und der Bedarfe im Bereich digitaler Entwicklung des Kulturbereichs erzielt werden konnte, hat ein breiterer Verteiler an Berliner Kulturschaffenden die Chance bekommen, ein Kontaktformular auszufüllen, um Bedarfe und Ideen zu äußern.

Im Rahmen einer Informationsmail vom 3. September 2018 zur Konzeptionsphase des Innovationsfonds von Kultursenator Dr. Klaus Lederer und Nicolas Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Technologiestiftung Berlin, wurden die relevanten Eckdaten des Projekts inkl. des Kontaktformulars an den Verteiler der Senatsverwaltung für Kultur und Europa verschickt.

Darüber hinaus wurde das Kontaktformular über die Projekt-Webseite hier veröffentlicht und über Twitter verbreitet.

Im Zeitraum vom 3. September bis 9. November 2018 haben insgesamt 95 Personen das Umfrageformular ausgefüllt.

Wie bereits in den Interviews sollten die Probanden die Möglichkeit bekommen, ihre jetzigen Aktivitäten und Bedarfe bzgl. digitaler Entwicklungen im Kulturbereich frei zu äußern. Hierbei sollten sich die Befragten jeweils auf die für sie drei wichtigsten Aspekte beschränken. Durch diese Begrenzung sollte das Antwortenspektrum im Rahmen gehalten werden und eine Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen der Interviews gewährleistet werden. Bei der Auswertung der Interviews wurden die Antworten der Gesprächspartner*innen ebenfalls auf maximal drei Bedarfe und drei jetzige Aktivitäten reduziert.

Dieser Bereich wurde von der Studienleiterin zur Auswertung auf Basis der Gütekriterien nach Mayring codiert [4] und hat folgende Wordclouds ergeben. Je größer der Begriff ist, desto öfter wurde er genannt.

Ermittelte digitale Bedarfe aus der Umfrage unter Berliner Kulturschaffenden

Auf Basis der Ergebnisse aus den bereits geführten Interviews wurden Bedarfe herausgefiltert, die sich als relevant für die Zielgruppe herausgestellt haben. Diese Bedarfe sollten nun von den Probanden der Umfrage mittels einer vierstufigen Likert-Skala bewertet werden, um herauszufinden, ob die Bedarfe der Interviewpartner*innen ebenfalls von den Befragten des Kontaktformulars als wichtig bzw. unwichtig eingestuft werden.

Eine ausführliche Auswertung der Kontaktformulare findet sich hier.

Gewichtung der Bedarfe Auffindbarkeit, Inklusion, Datenmanagement, Besucherbindung, Besucherbeteiligung, Vernetzung, Infrastruktur, nachhaltiges Kulturerlebnis

Ergebnisse der Design Thinking Workshops „Open Minded I und II“

In zwei eintägigen Design-Thinking-Workshops des Projekts kulturBdigital in der Technologiestiftung Berlin am 5. und 12. Oktober 2018 setzten sich Teilnehmer*innen aus bezirks- und landesgeförderten Kultureinrichtungen sowie der Freien Szene mit Fragestellungen der Digitalisierung im Kulturbereich auseinander.

Die Zielsetzung der Workshops war die Erstellung einer Analyse digitaler Bedarfe und die Entwicklung von nutzer*innenorientierten Ideen und Funktionen.

Unter der Leitung von Edmundo Galindo und Andre May sowie in Zusammenarbeit mit internen Expert*innen der Technologiestiftung Berlin ebenso wie der Illustratorin Jana Kreisl entstanden folgende Ergebnisse:

Graphic Recording Open Minded Workshop kulturBdigital
Graphic Recording: Jana Kreisel

Open Minded Workshop I – 5. Oktober 2018

Wir sammeln Bedarfe, alles darf auf den Tisch. Themen waren u.a.: Diskussion über Werte und Standards, interner und externer Wissenstransfer mithilfe von physischen Lernorten und digitalen Plattformen, Ansprache neuer Zielgruppen, Sichtbarkeit im Web.

Workshop-Ergebnisse

Graphic Recording Open Minded Workshop kulturBdigital
Graphic Recording: Jana Kreisel

Open Minded Workshop II – 12. Oktober 2018

Themen waren u.a.: Ausbau der analogen und digitalen Infrastruktur, Erweiterung einer Plattform für Berliner Institutionen („berlin.de“), Angebote schaffen für Weiterbildungen und Erfahrungsaustausch, kritischer Umgang mit der Digitalisierung, sowie der richtige Umgang mit digitalen Tools in der Pädagogik und Kunstvermittlung.

Workshop-Ergebnisse

Zwischenfazit

Die Ergebnisse der Interviews, des Kontaktformulars und der beiden Open Minded Workshops zeigen, dass gewisse Themen immer wieder besonders relevant für die Zielgruppe sind.

Hierzu zählt beispielsweise der Bereich der Auffindbarkeit, zu dem verschiedene Aspekte wie der richtige Umgang mit Social Media, die Erweiterung einer Plattform für Berliner Institutionen („berlin.de“) und das Erschließen neuer Zielgruppen gehören.

Ein weiteres Thema, dass immer wieder genannt ist, bezieht sich auf die Vernetzung der Akteure untereinander. Anhand Analyse digitaler Bedarfe wird klar, dass sich viele Befragte wünschen, mehr von anderen Kulturschaffenden zu lernen, sich auszutauschen und gemeinsame Projekte angehen zu können.

Darüber hinaus besteht ein riesiger Bedarf im Bereich der Digitalisierung von Archiven und Datenbanken. Hierbei geht es teilweise darum, ein solches Archiv / eine Datenbank zu erstellen oder bestehende Datenbanken und / oder Archive weiterzuentwickeln. Im Fokus des Innovationsfonds steht allerdings eher die Nachnutzung von bereits vorhandenen digitalisierten Inhalten (Digitalisaten).

Der häufig geäußerte Wunsch nach besseren finanziellen und personellen Mitteln ist bei der Errichtung einer neuen Förderrichtlinie eine logische Konsequenz.

Darüber hinaus hat sich im Rahmen der Interviews gezeigt, dass vor allem Ticketing/Audience Development ein Thema ist, bei dem viel Aufklärungsbedarf, Lust zum Ausprobieren aber auch Frustpotential herrscht. Demzufolge haben wir uns diesem breitgefächerten Themenkomplex mittels eines dreitägigen Design Sprints angenommen.

Themen, die weniger wichtig für die Zielgruppe zu sein scheinen, beziehen sich auf den Bereich der Open Educational Resources und Barrierefreiheit/Inklusion. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass sich mit diesen Bereichen bereits auseinandergesetzt wurde oder andere Themen schlichtweg wichtiger sind. Das soll allerdings nicht heißen, dass es sich hierbei um unwichtige Themen handelt.

Ergebnisse Design Sprint Ticketing

Auf Basis der Ergebnisse aus der Bedarfsanalyse wurde das Thema Ticketing/Audience Development im Rahmen eines dreitägigen Designsprints weiter verfolgt. Hierbei wurden mit Mitarbeiter*innen von Berliner Kultureinrichtungen und Freier Szene Ideen für Ticketing und Audience Development entwickelt. Ticketing kann in Zukunft über den reinen Ticketverkauf hinausgehen und Besucher*innen weitere Services bieten.

Indem sich verschiedene Berliner Kultureinrichtungen auf einer gemeinsamen datengeschützten Open-Source-Plattform zusammenschließen, können Metadaten gebündelt und ausgewertet werden. Zu diesem Szenario wurden im Designsprint zukünftige Services erarbeitet, die durch das Bündeln der Metadaten ermöglicht werden. Das Ticketing wird in ein lohnenswertes Besucher*innen- Erlebnis eingebettet und schafft neue Anreize, Kultureinrichtungen zu besuchen. Ebenso wurde das Potenzial für den Austausch unter den Kultureinrichtungen über eine gemeinsame Plattform ausgelotet.

Open Minded Workshop von kulturBdigital
Foto: Michael Scherer, CC BY 4.0

Design-Sprint Ticketing – 12. Oktober 2018

Aufbauend auf den Bedürfnissen der Designsprint-Teilnehmer*innen wurde eine Vielzahl von Ideen entwickelt. Die Ideen mit dem größten Potenzial wurden als Ideenskizzen ausformuliert und anschließend als erste Prototypen umgesetzt.

Workshop-Ergebnisse

Start erster Informationsveranstaltungen

Anhand unserer Analyse digitaler Bedarfe hat sich zudem ergeben, dass Auffindbarkeit ein wichtiges Thema für die Zielgruppe von kulturBdigital ist. Angesichts der Macht von Suchmaschinen und der Chance, durch Suchmaschinenoptimierung (SEO) zielgruppenorientierter zu agieren, haben wir uns Metadaten verschiedener Kultureinrichtungen und -akteure angeschaut und ausgewertet. Auf dieser Basis hat Nicolas Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Technologiestiftung, am 13. November das Thema der Suchmaschinenoptimierung grundlegend beleuchtet und mögliche Wege zu einer (noch?!) besseren Auffindbarkeit aufgezeigt. Im Rahmen der Informationsveranstaltung hat sich deutlich herausgestellt, dass Suchmaschinenoptimierung ein Thema ist, das kulturBdigital in einem weiteren Veranstaltungsformat vertiefen wird.

Nicolas Zimmer auf der ersten Infoveranstaltung zum Thema Auffindbarkeit im Web

Zusammenfassung: Projektentwicklung 2018

Als Zwischenstand im November 2018 lässt sich festhalten, dass die Konzeptionsphase des Innovationsfonds (2020) zur digitalen Entwicklung des Kulturbereichs großen Anklang findet. Nicht nur berlinweit sondern auch mit Vertreter*innen bundesweiter Projekte wie bspw. museum4punkt0 oder der Kulturstiftung des Bundes wurde sich ausgetauscht, um die Förderrichtlinie bedarfsgerecht zu gestalten. Nach wie vor werden Gespräche geführt, an Netzwerkveranstaltungen teilgenommen und jeglicher Input aus der Umfrage und den eigens organisierten Veranstaltungsformaten gesammelt, um strategische Pilotprojekte für das Jahr 2019 zu konzipieren.

Auf Basis der bisherigen Bestands- und Bedarfsanalyse, auch aus kulturpolitischer Sicht, und des dreitägigen Design Sprints zu den Themen Ticketing/ Audience Development hat sich ergeben, dass dies Themenkomplexe sind, die im Rahmen des Projektes weiter verfolgt werden könnten.

Darüber hinaus ist für sämtliche Kulturschaffende, inkl. der Verwaltungen, ein essentieller Faktor ihres Erfolgs, dass sie gut auffindbar sind. Nicht nur die Suchmaschinenoptimierung sondern auch die Visualisierung von Daten kann zu einer besseren Auffindbarkeit des facettenreichen Berliner Kulturangebots beitragen. Dies werden wir ebenfalls in 2019 weiter verfolgen.

Wir sind auf den weiteren Austausch mit den verschiedenen Stakeholdern gespannt.


Quellen

  1. Vgl. Flug, F.: „Digitale Entwicklung im Kulturbereich“, in: Senatsverwaltung für Kultur und Europa – Abteilung Kultur (2018). (Stand: 07.12.2018)
  2. Vgl. Flug, F.: „Digitale Entwicklung im Kulturbereich“, in: Senatsverwaltung für Kultur und Europa – Abteilung Kultur (2018). (Stand: 07.11.2018)
  3. Hierzu zählen: Verfahrensdokumentation, argumentative Interpretationsabsicherung, Regelgeleitetheit, Nähe zum Gegenstand, kommunikative Validierung und Triangulation. Vgl. Mayring, P.: Einführung in die Qualitative Sozialforschung. Weinheim und Basel⁵ 2002, S.140-142.
  4. Vgl. Mayring, P.: Einführung in die Qualitative Sozialforschung. Weinheim und Basel⁵ 2002, S.140-142.