Zur Eindämmung des Corona-Virus bleiben viele Kulturstätten geschlossen, Events sind abgesagt. Hier erfahrt ihr, wie Berlin dennoch Zugänge zu Kulturinhalten schafft.
Seit dem 13. März sind sämtliche kulturellen Veranstaltungen in Berlin eingestellt. Die Maßnahmen stellen eine enorme finanzielle Belastung für viele Institutionen dar und sind gerade für Freischaffende dramatisch. Umso beeindruckender sind die zahlreichen Aktionen, mit denen viele Akteur*innen kulturelle Angebote dennoch online weiter zugänglich machen. Teils besteht die Möglichkeit, das Engagement der Kulturschaffenden durch Spenden zu unterstützen.
Einige Beispiele aus Berlin haben wir hier gesammelt. Weitere Aktivitäten lassen sich über verschiedene Hashtags im Web verfolgen:
#closedbutopen, #KulturinZeitenvonCorona, #Kulturdigital und #DigAMus
Livestreams und Videoaufzeichnungen
… sind zentrale Wege, um kulturelle Inhalte und die eigene Arbeit auch in Zeiten von „social distancing“ zumindest online präsent zu halten. Über www.berlinalive.de können Kulturschaffende digitale Live-Kulturangebote anbieten, finden und teilen.
Darüber hinaus nutzen Kulturschaffende verschiedene Plattformen für ihre Inhalte:
- Die täglichen Hauskonzerte von Igor Levitt gegen die kulturelle Einsamkeit sind via Twitter abrufbar. Und auch andere wie die Jazzbar Donau115 haben ihre Konzerte ins Netz verlegt.
- Unter dem Stichwort „Der rbb macht’s“ streamt der rbb Konzerte aus Staatsoper und Konzerthaus Berlin. und führt neuerdings auch in Videos durch das Alte Museumauf der Museumsinsel.
- Der Pierre Boulez-Saal und die Deutsche Oper Berlin haben jeweils auch einen digitalen Spielplan entwickelt und streamen über die eigene Startseite.
- Und die Komische Oper verweist auf ihr Oper-on-Demand-Angebot via Youtube.
- Zahlreiche Theater stream(t)en ausgewählte Aufführungen auch online – u.a. das BKA-Theater sowie das Schlosspark Theater über ihren Facebook-Kanal und den rbb. Das Gorki hält ab sofort jeden Mittwoch ab 18 Uhr eine Gorki-Produktion für 24h online bereit. Das Berliner Ensemble verweist als Alternativangebot auf die „Tragödienmaschine“ bei ZDF Kultur und Rimini Protokoll in seine Mediathek.
- Unter dem Titel „Zwangsvorstellungen“ öffnet die Schaubühne täglich zwischen 18.30 – 24 Uhr ihr Videoarchiv, ab 18 Uhr sendet das Ensemble kleine Botschaften.
- Das HAU Hebbel am Ufer bildet sein Festival „Spy on Me #2“ auf Youtube ab.
- Auch Berliner Clubs, Veranstalter und Künstler*innen nutzen das Medium Stream und starten unter www.unitedwestream.berlin einen digitalen Club mit täglich wechselnden Beiträgen in Partnerschaft mit arte und radioeins.
- Online-Lesungen im Stream nutzt unter anderem das Literaturhaus Berlin und viele weitere, die man u.a. bei Tip Berlin nachlesen kann.
Videos selber machen: Livestreaming, kostenlose Videosoftware – Schnitt, Untertitel, u. Co.
Facebook, Youtube, Twitter und Co. bieten Anleitungen über das Streaming auf der jeweiligen Plattform:
Tipps zu Facebook Live finden sich auch sehr umfassend im Blog des Monitoring-Tools Hootsuite.
Um euch den Einstieg ins Livestreamen zu erleichtern, arbeiten wir gerade an einem „quick & dirty“-Leitfaden für Teams mit kleinem Budget. In der Zwischenzeit lohnt ein Blick in die Erfahrungssammlungen anderer Kulturinstitutionen wie dem National Museum of Scotland oder dem Getty Center.
Videos erstellen
Wer keine Erfahrungen mit Videoproduktionen hat, findet in unserem Leitfaden für den Umgang mit Videoprojekten Tipps und Hinweise.
Neben den großen, funktionsmächtigen aber auch komplexen Schnittprogrammen gibt es zahlreiche solide Freeware-Tools für alle, die gelegentlich Videos schneiden und bearbeiten möchten:
- In eigener Anwendung bewährt: DaVinci Resolve
- Open Source und kostenlos: Shotcut
Wer Videos mit Untertiteln versehen und somit barrierefreier machen möchte, kann sich die kostenlos herunterladbare Software CADET näher anschauen. Sie wurde vom National Center for Accessible Media (NCAM) in den USA entwickelt. Mit ihr lassen sich Untertitel zeitgenau den entsprechenden Stellen im Video zuordnen.
Podcast 101
Wer das gesprochene Wort dem Bewegtbild vorzieht, der findet ganz frisch online ein Webinar des Kultur Management Network mit Matthias Stier (Technikmuseum Berlin).
Video-Rundgänge & Hinter-die-Kulissen-Blicke via Social Media
Social Media war, ist und bleibt wichtig für den Zugang zu kulturellen Inhalten. Wenn schon nicht für den Publikumsverkehr geöffnet, bieten Kulturinstitutionen ungewohnte Blicke in ihren momentanen Arbeitsalltag oder in ihre (digitalen) Sammlungen:
- Das GRIPS Theater führt nun mittwochs via Twitter an #GeheimnisvolleOrteimGrips und die Schaubühne bald hinter ihre Kulissen.
- Das Konzerthaus Berlin nimmt im Programm MitMachMusik die Menschen zu Hause in den Blick und bietet auf Website und Social Media-Kanälen kleine Spiele, Aktionen zum gemeinsam Musizieren und Hörspiele speziell für Kinder.
- Das Bauhaus Archiv bringt den Bauhaus-Vorkurs mit Videoanleitungen ins Wohnzimmer seiner Twitter-Follower.
- Für das Theater an der Parkaue übernehmen Schauspieler*innen nun regelmäßig den Instagram Account.
- Ihre Sammlungen rücken das Brücke Museum auf Instagram und auf Facebook die Berlinische Galerie in den Fokus.
- Auch das KW Institute für Contemporary Arts baut auf Facebook und seiner Website das digitale Programm aus und das Künstlerhaus Bethanien präsentiert auf Instagram aktuelle Artists-in-residence.
- Getanzte Grüße aus der Kontaktsperre schicken zudem die Tänzer*innen von Sasha Watz & Guests.
- Und das Stadtmuseum Berlin stellt sich auf Twitter einer #HomeOfficeGLAM challenge mit Bildern seiner digitalen Sammlung.
360°-Touren und Online-Ausstellungen
- 360°-Angebote aus Berliner Museen wie dem Technikmuseum veröffentlicht nun auch der rbb und die Staatlichen Museen zu Berlin machen die Museumsinsel auf Plattformen wie Google Arts and Culture begeh- und ihre Sammlungen etwa in Online Datenbanken wie der des Münzkabinett erkundbar.
- Das Museum für Kommunikation nutzt seine eigene Website für eine (nicht ganz so kurze) Sneak Peak in die (eigentlich am 20.3. hätte starten sollende) Ausstellung „Briefe ohne Unterschrift“.
- Viele weitere digitale (Dauer-)Angebote aus Berlin sammelt das Museumsportal und auch im benachbarten Brandenburg werden nun digitale Museumsformate gebündelt präsentiert.
Und natürlich immer offen sind die digitalen Schätze und Onleihe-Angebote von Bibliotheken wie der Zentral- und Landesbibliothek Berlin oder der Staatsbibliothek zu Berlin.
Digital erzählen & präsentieren
In Zeiten von Corona gewinnen virtuelle Kulturbesuche an Bedeutung – und an Aufmerksamkeit.
Wer tiefer in Möglichkeiten des online-Ausstellens bzw. des Scrollytelling im Web einsteigen möchte: Folgende Übersicht enthält eine Aufstellung von Ausdrucksmöglichkeiten und dafür eingesetzte Technologien bzw. PlugIns – einige davon Open Source.
Wer nicht gleich die eigene Website technisch anpassen möchte, kann auch auf vorhandene Ausstellungsplattformen zurückgreifen. Einrichtungen, die bereits digitalisierten Beständen haben und Datenlieferant in der Deutschen Digitalen Bibliothek sind, können deren kostenloses Ausstellungstool DDB Studio mit eigenem Content bespielen. Offen für digitale Inhalte von Kultureinrichtungen ist auch das deutsche Projekt museum-digital.org. Es ermöglicht inzwischen ebenfalls institutionsübergreifendes Storytelling zu Sammlungsobjekten aus verschiedenen Beständen.
Wie erreichen digitale Kulturangebote die Menschen zu Hause?
Viele Magazine, Zeitungen, Online-Portale und Social Media-Accounts nehmen nun auch digitale Angebote in ihre Veranstaltungskalender auf. Hinweise an die verschiedenen Medien könnten sich also lohnen:
- Berlin(a)live, das von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa gefördert wird, bündelt Livestream-Angebote und bietet Spendenmöglichkeiten.
- Tip Berlin sammelt Konzert– und Theater- bzw. Opernangebote.
- Der Spiegel führt (täglich neu) Online-Übertragungen von Kulturevents auf.
- Tagesspiegel bietet auch längere, wechselnde Porträts zu ausgewählten digitalen Einzelangeboten.
- Nachtkritik ist eine zentrale Infostelle für das digitale Theaterleben.
- Genauso bündelt Berlin Bühnen zahlreiche Links für „kulturelle Stunden zu Hause“.
- Einstiegspunkt für digitale Angebote von der Online-Sammlung bis hin zum digitalen Rundgang ist das Museumsportal der Kulturprojekte Berlin.
- @streamkultur sorgt auf Twitter für tägliche Informationen zu neuen Livestreams und vorhandenen Aufzeichnungen.
Die obigen Listen und Tipps haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn ihr weitere Beispiele hinzufügen wollt, dann meldet euch via kultur@technologiestiftung-berlin.de !
Ihr wollt wissen, welche Tools im Homeoffice-Alltag helfen können? Wir haben Software-Tipps in diesem Beitrag für euch gesammelt.
Text: Silvia Faulstich