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Der Weg zum digitalen Kunstverleih

Der Bezirk Lichtenberg bietet in der Galerie 100 in Alt-Hohenschönhausen originale zeitgenössische Kunstwerke zum Ausleihen an. Bislang nur vor Ort einseh- und auswählbar, wurde der Bestand im Zuge von ‚Culture-meets-Coder‘ digitalisiert und in einem Webportal strukturiert zur Suche zugänglich gemacht. Almut Koch, Koordinatorin Fachbereich Kunst und Kultur, berichtet über Arbeitsschritte hin zur digitalen Artothek.

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Eberhard Bachmann, Herbst am Obersee, 1998. © Bezirksamt Lichtenberg von Berlin. Foto: Florian Griep, 2009

Welchen Service hat der Kunstverleih Lichtenberg vor ‚Culture meets Coder‘ angeboten? Wie sieht das Angebot nun aus?

Almut Koch: Der Kunstverleih Lichtenberg verfügt über ca. 450 originale Kunstwerke, die für ein geringes Entgelt ausgeliehen werden können.  Sie stammen von gut 100 Künstler*innen und umfassen die Bereiche Malerei, Graphik, Zeichnung und Collage.  Bislang konnte man sich die vorhandenen Werke nur vor Ort in der Galerie ansehen. Die Auswahl erfolgte also rein analog.

Neu ist nun, dass man sich die ausleihbaren Werke vorab digital ansehen und eine Vorauswahl treffen kann. Mit dieser Gesamtübersicht wird auch die Vielfalt der Sammlung und der jeweilige Ausleihstatus eines Werkes sichtbar, man kann nach Künstlerinnen, Technik, Genre und Motiv recherchieren und bekommt zusätzlich Informationen zu den jeweiligen Künstlerinnen.

Du suchst nach Infos zur Digitalisierung von Sammlungen? Das Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (digiS) hat nicht nur viele Materialien zum Thema, sondern bietet auch Beratungen an und begleitet das entsprechende Förderprogramm der Kulturverwaltung.

Mit welchem Ausgangsmaterial seid ihr in das Digitalprojekt gestartet? Was war zu tun?

Es existierte eine gut geführte Inventarliste, die sehr bei der Systematisierung der Werke für die Onlinepublikation geholfen hat. Zudem waren glücklicherweise so gut wie alle Werke in ausreichender Auflösung fotografiert. Um die Abbildungen jedoch auch online sichtbar machen zu können, musste noch recherchiert werden, welche Künstler*innen, von denen der Kunstverleih Lichtenberg Werke besitzt, bei der VG Bildkunst gelistet sind. In diesen Fällen sind besondere Bildrechte zu beachten. Auch mussten hier und da die Nachlässe recherchiert werden.

Wie seid ihr bei der Rechteklärung vorgegangen?

In einem ersten Schritt wurden alle Künstler*innen angeschrieben, über das Vorhaben in Kenntnis gesetzt und um ihre schriftliche Einwilligung zur Digitalisierung ihrer Werke zu diesem besagten Zwecke gebeten. In einem zweiten Schritt wurden alle Künstler*innen des Kunstverleihs nacheinander über die Künstlersuche auf der Homepage der VG Bildkunst eingegeben. Wenn diese von der VG Bildkunst vertreten werden, ist es notwendig, die Nutzung der Werke online zu vergüten. Mit der VG Bildkunst gab es ausführliche Beratungsgespräche dazu. Auch weitere Bedingungen mussten erfüllt werden wie z.B. die korrekten Bildunterschriften und das Implementieren von PlugIns, die das Herunterladen der Abbildungen per rechten Mausklick verhindert. Dabei wird beim Rechtsklick das Kontextmenü nicht angezeigt, welches üblicherweise Speicher- und Kopieroptionen einblendet. Dies baut in gewissem Maße eine Hürde für das Kopieren von Websiteinhalten auf.

Wie habt ihr identifiziert, welche Funktionen die Online-Datenbank für die Besucher*innen bereitstellen sollte?

Vorab erfolgte eine ausführliche Recherche zum aktuellen Stand von Artotheken, insbesondere in Berlin, aber auch darüber hinaus. Es fanden persönliche Gespräche mit Künstlerinnen und Nutzerinnen statt in denen Bedarfe und Wünsche diskutiert werden konnten. Natürlich gab es auch Beratung mit den Kolleginnen der Galerie zum bisherigen Nutzerinnenverhalten, Wünschen, Möglichkeiten und perspektivischen Bedarfen. Nicht zuletzt konnten wir die fundierte Erfahrung unseres Webmasters nutzen, der mehrere Referenzen im Kulturbereich vorweisen und sich somit sehr gut in die Bedarfe hineindenken konnte.

Welche Erfahrungen habt ihr bislang aus dem Testbetrieb ableiten können?

Die Seite ist gut und übersichtlich aufgebaut. Vor allem ist sie intuitiv nutzbar. Auch hier bewährt sich, dass die konzeptionelle und beratende Phase sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat. Wir bieten auch viele unterstützende Optionen zur besseren Lesbarkeit des Angebots an – wie etwa Schriftvergrößerung, Kontrastanpassung, Graustufeneinstellungen, etc. Sie sind über ein gesondertes Menüfeld ansteuerbar. Das Menü-Icon für diese Eingabehilfen haben wir noch einmal geändert, da dieses nicht eindeutig identifizierbar war. Auch die Leihverträge und die Leihbedingungen wurden in dieser Phase aktualisiert und online gestellt, so dass man sich auch darüber vorab informieren kann.

Die eigentliche Bestellung bzw. Ausleihe eines Werks wird auch weiterhin über den Direktkontakt vor Ort abgewickelt. Was sind Gründe hierfür?

Der Kunstverleih ist kein Onlineshop mit optionalem Lieferservice. Dies würde ganz andere Voraussetzungen bedeuten, was personelle, finanzielle und räumliche Ressourcen betrifft. Auch Gründe der Versicherung spielen hier eine Rolle. Das Werk wirkt natürlich auch im Original noch einmal anders – und so ‚ziehen‘ wir natürlich auch Interessent*innen nach Lichtenberg und in die Galerie, die immer ein sehr spannendes Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm bietet.

Was wären künftige Weiterentwicklungsmöglichkeiten aus redaktioneller und technisch-funktionaler Sicht?

Ein schönes zusätzliches Tool wäre die Dauer der Ausleihe zu markieren und die Option, Werke vorab online zu reservieren. Außerdem arbeiten wir aktuell an der Umsetzung der Seite in Leichter Sprache, die im Wesentlichen die Nutzung für Menschen mit kognitiven Einschränkungen bzw. nichtdeutscher Herkunft erläutern soll.

Was würdest du anderen Kulturinstitutionen raten, die ebenfalls ein Online-Ausleih-Angebot aufbauen möchten? Was waren wichtige Lessons Learned?

Ausreichend Zeit einzuplanen, um alle Aspekte gut und gründlich berücksichtigen zu können. Besonders in der konzeptionellen Phase sollte man das Projekt „zu Ende denken“. Zu beachten ist, dass die Rückläufe der Einverständniserklärungen viel Zeit erfordern und es hier zu Stolpersteinen wie postalische Unzustellbarkeit kommen kann. Empfehlenswert für die technische Umsetzung ist es, eine Agentur anzufragen, die Referenzen im Kultur-/Kunstbereich aufweist.

Die Fragen stellte: Silvia Faulstich

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