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Das Beste kommt nicht zum Schluss – Zur Archivierung und dauerhaften Verfügbarkeit von Daten

Mit der Digitalisierung von Kulturgut geht oft ein Lernprozess einher, anhand dessen neue Kompetenzen erworben werden – so das Argument von Thorsten Koch auf der kulturBdigital-Konferenz 2018.

Prof. Dr. Thorsten Koch, Zuse Institut Berlin, spricht auf der 1. kulturBdigital-Konferenz über die Digitalisierung von Kulturgut und die Archivierung sowie Langzeit-Verfügbarkeit von Kultur-Daten
Foto: Jeanette Dobrindt

Prof. Dr. Thorsten Koch ist Mathematiker und Leiter der Abteilung Wissenschaftliche Information am Zuse Institut Berlin, einem außeruniversitären Forschungsinstitut des Landes Berlin für angewandte Mathematik und Informatik. Dort ist das „Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin – digiS“ angesiedelt. digiS koordiniert das landesweite und spartenübergreifende Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes bzw. Kulturgut und unterstützt seine Berliner Projektpartner bei der Umsetzung ihrer Digitalisierungsprojekte unter anderem mit technischer Infrastruktur zur nachhaltigen Archivierung und damit dauerhaften Verfügbarmachung der Daten aus den Projekten.

Video: Bollemedia TV- und Videoproduktion

Im Rahmen des Förderprogramms wurden seit 2012 71 Projekte in 32 Berliner Kultur(erbe)-einrichtungen durchgeführt – im Schnitt 9-10 Projekte pro Jahr. Die Auswahlempfehlung erfolgt durch eine externe Fachjury. Die Gesamtfördersumme liegt 2019 erstmals  bei 600.000 €.

Die Bewerbung im „Förderprogramm Digitalisierung“ steht allen Kultureinrichtungen mit Sitz in Berlin offen.

digiS und das Förderprogramm stellen insofern eine sinnvolle Ergänzung für den geplanten „Innovationsfonds zur digitalen Entwicklung im Kulturbereich“ dar, da durch digiS für die dauerhafte Verfügbarmachung von digitalem Kulturgut im Sinn der Langzeitarchivierung ein nachhaltiges Konzept, Kompetenzen und in Kooperation mit dem Zuse-Institut Berlin und dem KOBV (Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg) eine technische Infrastruktur vorhält.

digiS versteht sich als Partner der am Förderprogramm beteiligten Institutionen. Das Förderprogramm ist auch ein „Lernprogramm“, und bietet über die von digiS durchgeführten Workshops und ein umfängliches Beratungsangebot eine Plattform für seine Partner, sich die notwendigen Kompetenzen für die Ausgestaltung einer musealen (archivischen, bibliothekarischen etc.) digitalen Praxis anzueignen.

Das Workshop- und Beratungsangebot reicht von praktischen Fragen zur Digitalisierung von Kulturgut – angefangen bei der Auswahl und den technischen Digitalisierungsparametern der sehr heterogenen Kulturerbeobjekte – bis hin zu komplexen rechtlichen Fragestellungen. Die Palette der digiS-Projekte reicht von Gemälden, Fotografien, AV-Medien über Regiebücher, Saurierknochen bis hin zu Adressbuchkunstwerken oder Stoffmusterbüchern. Es reicht eben nicht aus, Stoffmuster hochauflösend abzufotografieren, sondern die künftigen Nutzer*innen wollen auch etwas über die Materialzusammensetzung des Fadens wissen oder vielleicht das Webmuster unterm Mikroskop sehen.

Digitalisierung von Kulturgut: Ansätze für Archiverung

Dies zeigt, welche Herausforderungen Kulturobjekte auch an die Archivierung stellen: Sie sind sehr unterschiedlich, müssen aber trotzdem in eine einheitliche Struktur gebracht und standardisiert beschrieben werden, um für die Kulturgutportale der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) oder der Europeana nachnutzbar zu sein.

Die Herausforderung der digitalen Langzeitarchivierung ist es, die in den digitalen Daten enthaltenen Informationen dauerhaft so verfügbar zu halten, dass auch künftige Nutzer*innen sie noch nachnutzen können. Eine offene Frage ist dabei, dass wir heute teilweise noch gar nicht wissen, mit welchen wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden und Datenverarbeitungstechniken wir es in Zukunft zu tun bekommen. Eine Sammlungsdatei, die beispielsweise in den 90er Jahren auf Diskette gespeichert wurde, lässt sich heute nicht mehr ohne weiteres nutzen.

Für das von digiS in Kooperation mit dem KOBV am ZIB entwickelte LZA-System EWIG wird im Zuge maximaler Transparenz prinzipiell nur Open Source-Software eingesetzt.

In einer brandgeschützten Sicherheitszelle kopieren zwei Bandroboter die Daten auf Magnetbänder, wobei jeder Datensatz doppelt gespeichert wird. Obwohl in den Speichern inzwischen Daten von über einer Million Objekte von der Urkunde bis zum Dinosaurierknochen lagern, sind die 150 Petabyte erst zu einem Bruchteil ausgeschöpft. Technisch gesehen ist also genug Platz da, um noch sehr viel mehr kulturelle Objekte zu sichern. Der limitierende Faktor ist eher der Zeitaufwand um einen umfassenden Digitalisierungsworkflow in den Institutionen selbst ein- und auszuführen, sowie für die Vorbereitung der Daten zur Übernahme in das Langzeitarchiv – dies erfolgt in enger Unterstützung und Beratung mit digiS. Zunächst sind aber auch bei der digitalen EWIG-keitsfrage die Institutionen gefordert: Jede Institution, die sich der Digitalisierung von Kulturgut widmet, muss also für sich hierzu eine Bewertungsentscheidung treffen. Was soll aufgehoben werden, was nicht? Auf jeden Fall sollten sie dabei keine Zeit verlieren: Video- und Tonbänder zersetzen sich schnell, Laufwerke ändern sich, so dass Objekte nicht mehr abspielbar sind. Der Platz ist da, aber die Zeit drängt.

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