Senator Klaus Lederer im Gespräch mit Prof. Friedrich Kirschner (Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch) und Danilo Vetter (Stadtbibliothek Pankow) auf der kulturBdigital-Konferenz 2018.
Wie kommt die Idee eines Innovationsfonds für die digitale Entwicklung im Kulturbereich bei denen an, die sich schon auf den Weg in Richtung einer wirklich digitalen Entwicklung gemacht haben – inklusive Rückschläge? In der Podiumsdiskussion „Was braucht’s für die digitale Entwicklung des Kulturbereichs?“ traf Kultursenator Klaus Lederer auf Professor Friedrich Kirschner von der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und Danilo Vetter, Fachbereichsleiter bei der Stadtbibliothek Pankow und aktiv im Verbundsnetz Bibliotheken.
Friedrich Kirschner unterrichtet seit 2012 an der Hochschule Ernst Busch im Bereich „Digitale Medien im Puppenspiel“. Er nutzt Computerspiele für seine Arbeit, hat eigene Software entwickelt und teilt diese Leidenschaft mit seinen Studierenden. Seinen Anspruch und damit auch den Wunsch an den Innovationsfonds formuliert er so: „Ich möchte Theaterschaffenden etwas bieten mit meiner Forschung.“ Das sei schließlich die klassische Aufgabe der Hochschulen: Dinge zu erforschen ohne direkten Anwendungsdruck und die Ergebnisse dann mit Praktikern zu teilen. Genau dieser Austausch, sagt Kirschner, findet noch zu wenig statt.
Danilo Vetter beobachtet in den Berliner Bibliotheken zwei verschiedene Innovationsgeschwindigkeiten zwischen den Zentralen Einrichtungen und dem Bezirk. Im Bereich der ZLB werden beinahe monatlich neue digitale Angebote eingeführt – vom Zugang zur Datenbank Statista bis zum Konzertmitschnitt über die Plattform „Medici.tv“. Die größte Aufgabe stellt sich dabei vor allem in der Förderung der Innovationskultur – damit die Mitarbeiter*innen bei dieser rasanten Veränderung auch mitgenommen werden.
Diese Kluft kennt auch Kultursenator Klaus Lederer: „Wir brauchen Menschen mit Vermittlungskompetenz, die in Institutionen Digitalisierung vorantreiben.“ Das Vorbild des „Verbundnetz Bibliotheken“ zeige, dass es Sinn machen kann Parallelstrukturen anzulegen, in denen ein Wissensaustausch abseits der etablierten Strukturen möglich ist. Mit Blick auf ältere Mitarbeiter*innen betont er: „Öffnung ist keine Altersfrage, sondern eine Frage der Offenheit. Es muss aber auch einen Generationswechsel in den Häusern geben.
Mit den für den Fonds vorgesehenen Summen wolle man erst mal vorfühlen, wo die Bedarfe sind. „Es geht nicht darum, Lücken im Changemanagement von Kultureinrichtungen zu decken.“ Die digitale Entwicklung müsse Teil der DNA von Einrichtungen werden und damit auch Teil des Finanzkonzeptes. Das Geld aus dem Innovationsfonds soll also nicht für schnellere Rechner oder halbe Social-Media-Stellen ausgegeben werden, sondern für Projekte mit Modellcharakter: „Es geht auch darum zu verhandeln in welcher digitalen Welt leben wir eigentlich?“
Den Bedarf für eine solche Debatte sehen auch Danilo Vetter vom Verbundnetz Bibliotheken und Prof. Friedrich Kirschner von der Schauspielschule Ernst Busch. Kultureinrichtungen seien in der heutigen Gesellschaft einer der wenigen frei zugänglichen öffentlichen Räume, wo Menschen abseits von Konsumzusammenhängen zusammenkommen können, sagen sie übereinstimmend. Welche Aufgaben diese Räume erfüllen, hängt auch von den Bedürfnissen der Öffentlichkeit ab. Es könne bei den Projekten des Innovationsfonds nicht „um eine App gehen, die ein paar Nerds nutzen“.
Wenn man sich auf diesen Gedanken einlässt, sagt Danilo Vetter, können ungewöhnliche Projekte entstehen. Die Bezirksbibliothek in Charlottenburg stellt den Nutzer*innen mitten im Lesesaal einen Musik-Makerspace zur Verfügung. In Reinickendorf werden Roboter zur Leseförderung eingesetzt. Solche Projekte bieten Gelegenheit für die Kooperation mit externen Partnern wie dem Fraunhofer Institut, was wiederum wertvolle Impulse in die Institution Bibliothek gibt.
Räume sind ein Thema, das Prof. Friedrich Kirschner mit Blick auf die Freie Szene umtreibt: Wo gibt es Veranstaltungsorte, die sich für digitale Experimente öffnen? Ist das Geld des Innovationsfonds in den großen Häusern gut angelegt? „Zugespitzt gefragt: Was hat das Deutsche Theater davon, dass es dort Wifi gibt? Muss man dann ausschliesslich Angst haben, dass alle dann lieber auf ihr Handy schauen? “ Es sei wichtig, sagt Kirschner, dass bei den Förderkriterien für den Innovationsfonds die Projekte an Räume gekoppelt werden, wo der digitale Erfahrungsschatz auch erhalten bleibt.
Kultursenator Klaus Lederer versteht diese Sorgen, warnt aber vor einem Frontendenken zwischen Freier Szene und den „großen Tankern“. Die Berliner Schaubude sei ein gutes Gegenbeispiel. „Für Veränderung braucht es auch Anforderungsdruck von außen.“ Es gäbe in den Häusern aber auch Ängste, die man ernst nehmen müsse. „Es kann nicht heißen: Wenn ihr digital seid, braucht ihr ja die analogen Leute nicht mehr. Das sind auch Kämpfe um Haushaltsmittel.“
Der Innovationsfonds, sagt Lederer, solle vor allem ein Experimentierfonds sein, der Lust auf Veränderung macht. „Ich möchte möglichst viele Leute neugierig machen, sich in diesen Prozess einzuklinken.“