Warum Digitale Souveränität mehr meint als Hardware und KnowHow, darüber sprach Nicolas Zimmer (Vorstandsvorsitzender der Technologiestiftung). Seine Kernforderung ist eine zentrale Datenplattform für die Berliner Kultur – Datenkollektive statt Monopole. Mitmachen erwünscht!
Durch die Corona-Pandemie hat sich ein großer Teil unseres Arbeitslebens, aber auch das Kulturleben und Digitale verlegt. Dabei sei vielen Menschen deutlich geworden, wie oft wir zwangsläufig die Hoheit über unsere Daten abgeben, sagte Nicolas Zimmer in seinem Einführungsimpuls zur kulturBdigital-Konferenz. Auch die Berliner Kulturszene hat auf vielfältige Weise Streamingportale und Cloud-Dienste genutzt, um Ihre Produktionen für ein digitales Publikum erlebbar zu machen. Oft seien diese Plattformen auf den ersten Blick komfortabel und günstig, letztlich werde hier aber die Chance auf eine wirkliche digitale Souveränität verschenkt.
„Digitale Souveränität bedeutet, etwas frei und selbstbestimmt umsetzen zu können. Und zwar nicht nur theoretisch, sondern praktisch bis hin zur Hoheit über die Daten. Denn Daten sind Macht“, betont Nicolas Zimmer.
Auf der ersten Stufe der digitalen Souveränität geht es um Wissen und die Möglichkeiten zum Beispiel das Wissen darüber, welche Infrastruktur und welche Digitalen Tools für meine Vorhaben nützlich sein könnten. Der Ansatz der Technologiestiftung ist der Kulturszene Einsatzmöglichkeiten für digitale Technologien aufzuzeigen. Dabei plädiert Nicolas Zimmer für Open Source-Lösungen: „Open Source passt zu Berlin, wo improvisierte Zwischenlösungen oft zur Dauereinrichtung werden. Aber dafür braucht es Entwicklungszeit. Sonst bleibt die digitale Souveränität eine leere Hülle“.
Open Source bedeute nicht, alles selbst machen zu müssen, sagt der Vorstandsvorsitzende der Technologiestiftung. Umgekehrt hieße „frei“ nicht zwingend kostenlos.
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Vortragspräsentation Nicolas Zimmer
Als zweite Stufe der digitalen Souveränität gilt es, sich Gedanken über die Wirksamkeit zu machen. Das beste digitale Angebot bringt nichts, wenn es nicht aufgefunden und genutzt wird. Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist hier ein wichtiger Faktor. Es geht aber auch um die Qualität der Interaktion. Anders als auf der analogen Bühne bekommen Kulturschaffende im Netz kein direktes Feedback in Form von Klatschen und oder Buhrufen. Es stelle sich die Frage, so Nicolas Zimmer: „Wie bekommt man im digitalen Raum Feedback abseits von Trollen?“
Als finale und wichtigste Stufe der Digitalen Souveränität nannte Nicolas Zimmer die Unabhängigkeit von kommerziellen Tech-Giganten unter dem Motto „Daten-Kollektive statt Monopole“. Ein Beispiel, das besonders für den Kulturbereich von großer Bedeutung ist, ist das Thema Ticketing. Hier gehen neben Provisionen wertvolle Besucherdaten an die bisher genutzten kommerziellen Anbieter. Außerdem haben Kultureinrichtungen keinen Einfluss auf die Gestaltung des Ticketshops. Zum Beispiel ist es nicht möglich, online den Berlin Pass für ermäßigte Tickets zu hinterlegen oder einen barrierefreien Rollstuhlplatz zu buchen.
Zentrale Plattform für Berlins Kulturdaten
Voraussetzung für die Idee einer kollektiven Ticketplattform ist die Idee einer zentralen Datenbank für alle Berliner Kulturakteure, in der Daten wie Adresse, Spielplan, Ticketpreise etc. nur einmal eingepflegt werden müssen und von dort über eine Schnittstelle z.B. an Veranstaltungsportale weitergegeben werden. Neben einer vereinfachten Datenpflege könnte diese unabhängige Plattform den Kulturakteuren perspektivisch auch Zugang zu den wertvollen Daten „ihrer“ Nutzer:innen erlauben.
Der Prototyp einer solchen Kulturdatenbank wird derzeit von der Technologiestiftung entwickelt. Jetzt wären die zukünftigen Nutzer*innen gefragt, betont Nicolas Zimmer: „Was braucht ihr? Was habt ihr schon? Jetzt ist der Moment, die Zukunft der Berliner Kulturdatenbank zu gestalten, zum Beispiel als Beta-Nutzer:in.“
Text: Franziska Walser