Grundlagen der Web-Analyse

Warum ist Web-Analyse auch im Kulturbereich wichtig? Welche Metriken zählen und wie funktioniert Google Analytics? Ein Blick auf Grundlagen des Onlinemarketings mit Holger Kurtz (KulturData.de)

Sichtbarkeit und Auffindbarkeit im Netz sind zentrale Themen, die viele Kulturschaffende in ihrer digitalen Arbeit beschäftigen. Mitte Oktober 2020 luden wir daher zu einer Einführung in die Web-Analyse und Generierung von Nutzungsdaten mit Holger Kurtz von KulturData. Mit dabei und in regem Austausch: Über 50 Vertreter*innen von Theatern, Museen, Galerien sowie der Freien Szene Berlins. Den Vortrag könnt ihr hier nun Nachschauen bzw. -lesen.

Video: Technologiestiftung Berlin / Michael Scherer

Gleich zu Beginn ging es uns darum zu erfahren, welche Erfahrungen die teilnehmenden Kulturakteur*innen mit Web-Analyse haben. Knapp ein Drittel verfügte über keinerlei Kenntnisse, ein weiteres Drittel lediglich über Basiswissen und etwa 25 Prozent gaben an, bereits einige Erfahrungen zu haben. Lediglich eine Person schätzte sich als Fortgeschritten ein.

Im Zentrum standen daher zunächst einmal recht grundlegende Fragen, die sich viele Kulturschaffende stellen: Warum sollte ich Web-Analysen anwenden? Und wenn ich mich dafür entscheide, wie wende ich sie überhaupt an?

Warum? Der Weg des Publikums

Zu Beginn zeichnet Holger Kurtz zwei fiktive Customer Journeys auf, um die Möglichkeiten von Web-Analysen zu verdeutlichen: Szenario 1 beschreibt den Weg eines analogen Kunden, der sich mittels Plakaten und Flyern für ein Konzert interessiert und schlussendlich zwei Tickets im Ticketshop erwirbt. Hier erfahren wir wenig über den Käufer.

Szenario 2 beschreibt hingegen den Weg einer digitalen Kundin, die über Twitter erstmals von dem Konzert erfährt, später auf Instagram noch einmal auf die Veranstaltung aufmerksam wird, sich dann auf der Webseite des Veranstalters informiert und schließlich den Kauf von zwei Tickets über eine erneute Google-Suche auf der Webseite tätigt.

Das offensichtliche Ergebnis beider Customer Journeys ist dasselbe: Es werden zwei Tickets gekauft. Doch erhalten wir durch Web-Analysen ein ganz neues Wissen über den Weg digitaler Kund*innen und bekommen beispielsweise Antworten auf Fragen wie: Woher kommen die Besucher*innen? Was machen sie auf meiner Webseite/App?

Web-Analyse ist teuer? Muss nicht sein.

Web-Analysen müssen laut Holger Kurtz nicht unbedingt kostspielig sein. Die Basics wie z.B. allgemeine Informationen über die Webseite könne man problemlos selber übernehmen und lediglich komplexere Analysen wie z.B. eine detaillierte Untersuchung des Kaufvorgangs an Agenturen outsourcen. Darüber hinaus empfiehlt er jedem, eine tägliche 5 Minuten-Routine mit Web-Analysen aufzubauen, um so ein Gefühl für das Programm und Entwicklungen zu entwickeln.

Datenschutz, Funktionsumfang, Kosten: Die richtige Analyse-Software finden

Google Analytics ist der kostenlose Marktführer und gilt als das Standard-Tool. Datenschutzrechtlich ist es jedoch als problematisch einzustufen, so sind sich Kurtz und viele der teilnehmenden Kulturschaffenden einig. Als Alternative empfiehlt Holger Kurtz insbesondere öffentlich geförderten Institutionen die kostenlose Open Source Grundversion von Matomo, da diese mehr Datenschutz verspreche.

Als drittes stelle auch Facebook Analytics eine gut zu handhabende Software dar. Generell empfiehlt Kurtz jedoch, die erhobenen Daten gelegentlich mit einer zweiten Software zu überprüfen, da keines der Systeme zu 100% die reelle Website-Nutzung abbilden könne.

Um Web-Analysen datenschutzkonform einzusetzen, muss man insbesondere drei Aspekte berücksichtigen:

  1. Die IP-Adresse der Nutzer*innen müssen anonymisiert werden, indem man z.B. nur den Anfang der IP-Adresse zeigt.
  2. Ein Opt-In Anmeldeverfahren muss gewährleistet sein: Die Nutzer*innen müssen dem Verfahren auf der Webseite aktiv zustimmen.
  3. Einen Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung mit dem Anbieter des Analysetools abschließen.

Um die Software erfolgreich auf der eigenen Webseite zu implementieren, stehen drei Optionen zur Verfügung:

  1. Die Nutzung von Plug-Ins des Analyse-Tools im Content-Management-System der Website.
  2. Die Verwendung eines Tag Managers (Google Analytics oder Matomo).
  3. Das Outsourcen der Implementierung über eine/n Programmierer*in.

User, Pageview, Session… Begrifflichkeiten in der Web-Analyse

Besonders wichtig ist außerdem die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Terminologien, um die Software richtig anwenden und die Ergebnisse entsprechend interpretieren zu können. Einige Beispiele:

User (Nutzer*in)
eine Person, bzw. ihr Endgerät, das auf die Website zugreift

Session (Sitzung)
Dauer, in der ein Nutzer die Website aktiv nutzt

Pageview (Seitenaufruf)
in einer Sitzung geladene Seite(n)

Ein Seitenaufruf umfasst die Ansicht der Seite. Läd die Besucherin die gleiche Seite neu, wird der Aufruf erneut gemessen.

Der Wert der eindeutigen Seitenaufrufe hingegen zeigt nur die aufgerufenen Seiten pro Nutzer – wiederholte Aufrufe einer Seite während einer Sitzung werden nicht nochmals gezählt.

Um sich nicht im Daten-Dschungel zu verlieren, so betont Kurtz, sollten der Analyse immer konkrete Fragen vorausgehen. Oder – mit den Worten Pablo Picassos: „Computer sind absolut nutzlos. Sie können nur Antworten geben.“ So verhalte es sich auch mit der Web-Analyse, denn sie könne nur Antworten auf Fragen geben, die wir auch gestellt haben.

Google-Analytics & die 3 Phasen des Webseitenbesuchs

Den meisten Analysetools, so Holger Kurtz, liegt eine gedankliche Einteilung der Website-Nutzung in drei Phasen zu Grunde:

Akquisition

Hier wird erfasst, über welche Pfade bzw. Kanäle die Besucher*innen auf die Webseite gelangen. Eine Analyse könnte Einblicke dazu bringen, z.B. welche Social-Medai-Kanäle stärker bespielt werden sollten.

Verhalten

Hier wird folglich das Verhalten der User auf der Website analysiert.

Conversion

In der dritten Phase lässt sich durch die Messung der Conversion das Erreichen festgelegter Ziele kontrollieren (z.B. Ticketkauf, Newsletteranmeldung, etc.).

Eine weitere wichtige Phase sei schließlich der Wiederbesuch – bestenfalls ohne zusätzliche Marketingmaßnahmen.

Die Auswertung der Daten – wie z.B. demografische Merkmale der Besucher*innen – kann eine Grundlage sein für eine bessere Ausrichtung der Webseite auf die eigenen Zielgruppen.

Tipp
Viele Tools bieten Demoversionen an. Mit ihnen kann man Funktionen und Einstellungen testen.

Grenzen der Analyse

Auch Web-Analysetools können kein hundertprozentiges Bild davon geben, was Nutzer*innen zum Beispiel zu einer Kaufentscheidung geführt hat. Auch gebe es unterschiedliche Haltungen dazu, so Kurtz, welchen Faktoren mehr Gewicht gegeben werden sollte: Ist etwa die „last click“-Attribution am aussagekräftigsten, also z.B. der Aufruf eines Werbebanners oder eine Seite direkt vor dem Ticketkauf? Oder ist entscheidend, welche Wege die Person überhaupt erst auf die Website geführt haben? Einen Informationsbruch gibt es ebenso, wenn ein*e Nutzer*in z.B. eine Seite zunächst auf dem Smartphone aufruft, den Besuch dann aber später auf dem Desktop fortsetzt. Viele Analyse-Werte basieren auf dem Einsatz von Cookies, die bei einem Gerätewechsel obsolet werden oder von vornherein von immer mehr Browsern gebloggt werden.

Trotz dieser Unschärfen: Insgesamt erhalte man laut Holger Kurtz mit Web-Analysen aber ein sehr solides Grundwissen über die Website-Nutzung, welches ohne diese Tools nicht zu generieren sei.

Eure Fragen: Q&A mit Holger Kurtz

Woran sehe ich, welcher User eine echte Person ist und wann es sich nur um einen Bot handelt?

In den meisten Fällen filtern die Softwares Bots heraus. Dies kann jedoch mit etwas Zeitverzögerung erfolgen und ist insbesondere in den Liveberichten und Echtzeitmessungen nicht sofort ersichtlich. Oft sind es die internen Mitarbeiter*innen der Institution, die durch häufiges Aufrufen der Webseite zum Bot werden. Auch dafür gibt es bestimmte Filter, die man anwenden kann.

Was kann ich mit Google Analytics herausfinden, wenn ich keine Google Ads schalte?

Auch ohne Google Ads oder kostenpflichtige Angebote bieten die Web-Analyse Vorteile, denn es ermöglicht die Einsicht in das Besucher*innenverhalten. So kann ich Antworten auf Fragen wie z.B. Wer verlinkt auf meine Webseite? Woher kommen die Besucher*innen? finden. Auf diese Weise lassen sich neue Aspekte meiner Webseite kennenlernen.

Sind Google Analytics und Matomo gleichwertig?

Beide Software-Tools können als gleichwertig gesehen werden. Google Analytics ist zwar der Marktführer, doch kann Matomo auch vorteilhafter sein, da man hier im Gegensatz zu Google Analytics Zugriff auf die Rohdaten hat.

Wie fange ich mit Web-Analysen an? Ist eine Fortbildung sinnvoll?

Generell empfiehlt es sich, den Einstieg zunächst mit Büchern und Fachliteratur zu suchen. Darüber hinaus lassen sich viele Anleitungen im Internet und auf Blogs finden.

Text: Lara Schulte